Die Presse: Die Sehnsucht in der ÖVP nach mehr Grün

Antonia Löffler schrieb am 5.10.2019 in Der Presse:

Junge Bürgerliche warben 2002 für Schwarz-Grün. Die Idee blieb. Ein Strang führte zu den Neos. Ein anderer nun womöglich zu Türkis-Grün.

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Die Optimisten tragen Tracht

Dennoch fanden sich vor der nächsten Wahl neue Optimisten: die „Initiative Schwarz-Grün-Pink“ erschien 2017 im Netz. Ihr Koordinator, Robert Kastl, erfand den Namen „Dirndlkoalition“. Das Dirndl schaffte zwar nicht ansatzweise eine Mehrheit, aber mit türkiser Schleife versehen den Einzug in den Sprachgebrauch. Man stehe im Geist der Initiative 2002, sagt Mitgründer Golli Marboe. Personelle Überschneidungen mit den einstigen Protagonisten oder den Neos gebe es nicht, wobei man sich tendenziell im pinken Lager verorte und sie „übliche Verdächtige“ wie Erhard Busek und Franz Fischler unterstützten. Es brauche eine „Rückholaktion der christlichsozialen Schwarzen“. Wenn das ohne Pink möglich sei, werde man auch das unterstützen.

Michael Schuster ist skeptisch, dass ÖVP und Grüne zusammenfinden, wieder lägen die Kernwahlkampfthemen zwischen ihnen. „Damals waren es Eurofighter und Studiengebühren, dieses Mal sind es Mindestsicherung, Asyl und die ökosoziale Steuerreform.“ Und eine Dreierkoalition mit den Neos mache es „realpolitisch noch komplizierter“. Die Lehre aus 2002, dass man sich besser kennenlernen müsse, um zu koalieren, hätten beide Seiten noch nicht gezogen.

Marboe schätzt die Chancen heute höher ein. „Die Grünen haben damals noch nicht wie eine Volkspartei angemutet. Als sie ins Parlament kamen, war das eine Ansage der Jungen. Heute werden die Grünen von den Eltern und ihren Kindern gewählt.“ Was August Wöginger wohl zu dieser Analyse sagen würde? Der ÖVP- Klubchef hat die rote Linie kürzlich klar woanders gezogen, als er die verstädterten grünen Kinder aus den schwarzen Häusern schalt.