Wieder Hofer gegen Van der Bellen!

Und jetzt ist es doch passiert: Die Wahl erinnert an Hofer gegen Van der Bellen. Es geht schon seit Tagen nicht mehr darum, ob Kern oder Kurz Kanzler werden. Diese Entscheidung scheint gefallen. Sondern es stellt sich die Frage, wozu das gegenseitige Zerfleischen von Schwarz und Rot rund um die Urheberschaft der Dirty-Campaigning-Affäre nun also führen wird?

Die Taktik der Freiheitlichen scheint aufzugehen. Sie treten einfach nicht mehr in Erscheinung. Strache ist bei den TV-Auftritten umgänglich wie noch nie. Man hat den Eindruck, er hätte nicht einmal die Wiener Wies´n besucht, weil ihm das derzeit zu laut wäre.

Aber was heißt das denn für eine nächste Regierung?

Kern wird die SPÖ nicht mehr lange als Galionsfigur anführen (was durchaus schade ist), dann kommt wohl Doskozil.

Und von den aktuellen Umfrageergebnissen ausgehend bieten sich folgende Koalitionsoptionen – die sich noch eigenartiger anhören, wenn man statt der Parteinamen, die Menschen nennt, die dann wohl Kanzler und Vizekanzler würden:

  • Kurz – Strache
  • Kurz – Doskozil
  • Strache – Doskozil oder falls nötig:
  • Kanzler Strache – Vizekanzler Doskozil – Minister Pilz (eine Koalition, die sich durch ihre exponierten Positionen ggü dem Islam finden könnte)

2016 sprangen Konservative über ihren Schatten

Das sind Konstellationen, die mich zutiefst an jenes Gefühl erinnern, dass ich vor der letzten Wahl bei der Vorstellung hatte, dass in Österreich Norbert Hofer zum Bundespräsidenten gewählt würde. Es kam dann – durch viele bürgerliche Wähler, die „über ihren Schatten gesprungen“ sind und den „Kommunisten“ Van der Bellen gewählt hatten, um Hofer zu verhindern – ja bekanntlich doch noch anders.

Jetzt müssen Sozialdemokraten über ihren Schatten springen

Bei dieser Wahl am 15.Oktober ist es nun an den Stammwählern der Sozialdemokraten „über ihren Schatten zu springen“. Nur wer Kurz als Kanzler in Kauf nimmt, und die beiden „Kleinen“ – nämlich die Grünen oder die Neos wählt – ermöglicht die Chance, dass es für die ÖVP neben Strache und Doskozil eine dritte Koalitionsoption gibt: die Option mit Lunacek und Strolz – die Dirndlkoalition aus Schwarz, Grün und Pink.

Wenn man nun als Sozialdemokrat aus verständlichen Gründen argumentiert, man wählt ja eigentlich Kern, dann ist die Stimme leider wohl eine Stimme für Doskozil/Niessl.

Wenn man als Sozialdemokrat argumentiert, man wählt SPÖ, PILZ, KPÖ+, weil man eine starke Opposition möchte, akzeptiert man damit aber gleichzeitig die FPÖ in der Regierung!

Also warum leitet man eine solche Stimme nicht auf Grüne oder die Neos um?

Falls die FPÖ trotzdem in die nächste Regierung käme, dann hätte man ja mit den Grünen und den Neos weiterhin eine Stimme für eine starke und klare Opposition gegen die FPÖ abgegeben, allerdings mit der Zusatzchance, dass diese Entscheidung auch dem Team rund um Kurz die Option eröffnen würde, eine Reformkoalition der Vernunft mit Grünen und Neos einzugehen.

Vielleicht können wir als proeuropäische, weltoffene, ökossozial geprägte Gesellschaft – die wir doch in Österreich mehrheitlich sind – auch bei dieser Wahl am 15. Oktober den Zugriff der Straches, Hofers und Kickls ein nächstes Mal verhindern und dafür sorgen, dass die Kommentare in Europa auch nach dem 15. Oktober davon erzählen, dass Österreich doch mehr an Macron und weniger an Orban erinnert.

Golli Marboe
Journalist, Lehrbeauftragter und Co-Initiator von Schwarz Grün Pink